Fraktion stimmt dem Haushalt zu

Veröffentlicht am 28.01.2010 in Fraktion
 

Hans Jörg Fahrner

Schramberg. Die SPD-Buntspecht-Fraktionsgmeinschaft stimmt dem Haushaltspan 2010 der Stadt Schramberg zu. Dies macht Fraktionssprecher Hans Jörg Fahrner in seiner Haushaltsrede deutlich. An dieser Stelle veröffentlichen wir die Rede als Originaltext:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

vor etwas mehr als einem halben Jahr haben wir uns als Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl oder Wiederwahl gestellt, weil wir die Interessen unserer Stadt befördern und uns in den Dienst unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger stellen wollten. Ganz im Sinne der griechischen Polis, die sich ca. ein halbes Jahrtausend vor Chr. als Grundlage des Zusammenlebens herausgebildet hat. Kennzeichen dieser Polis, von der wir unser politisches Handeln herleiten, waren u.a. die politische Selbstverwaltung, die Selbstregierung durch freie Bürger und das Streben nach innerer Unabhängigkeit durch eigene Gesetze, der sog. Autonomía. Diese Ideen finden sich wieder in der Selbstverwaltung, wie sie Freiherr vom Stein in seinem Reformwerk 1808 den Städten zubilligte.

Betrachten wir den vorliegenden Haushalt 2010, müssen wir feststellen, dass von dieser Autonomie wenig übrig geblieben ist. Vielmehr sind die Daten und Fakten größtenteils fremdbestimmt. Wir sind nicht in der Lage, deren Folgen auszugleichen, trotz massiver Einsparungen, Umschichtungen und Belastungen der Bürgerinnen und Bürger, u.a. durch die Erhöhung der Grundsteuer B.

Ein Gefühl der Ohnmacht stellt sich ein, wenn wir die gemeinsamen Anstrengungen von Gemeinderat und Verwaltung seit Beginn der neunziger Jahre betrachten. Durch enorme Sparleistungen, wirtschaftliches Geschick und prosperierende Betriebe konnte der Kämmerer im vergangenen Jahr feststellen, dass wir erneut ohne Kreditaufnahme ausgekommen sind.

Davon sind wir heute weit entfernt. Die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit der großen Depression der dreißiger Jahre, ausgelöst und betrieben von unverantwortlichen Bankmanagern und Börsenmaklern, hat die Weltwirtschaft erfasst und in unseren Betrieben vor Ort zu wirtschaftlichen Einbrüchen geführt, wie wir sie kaum für möglich gehalten haben. Die Krise ist keineswegs überwunden, auch wenn es positive Anzeichen zu geben scheint. Die prognostizierten Wachstumsraten reichen nicht aus, die wirtschaftliche Talsohle schnell zu überwinden. Auch ist noch nicht absehbar, ob und wann das Niveau der Vorjahre wieder erreicht wird. Die Halbierung der veranschlagten Gewerbesteuereinnahmen von bisher 15 Mio. € auf nunmehr 7,5 Mio. € und der Rückgang bei der Einkommensteuer um 2 Mio. € zeigen, dass es optimistisch betrachtet Jahre dauern wird, diesen finanziellen Aderlass zu verkraften.

Damit aber nicht genug: Die Steuergeschenke der neuen Bundesregierung an Hoteliers, reiche Erben und an vermögende Familien kosten die Kommunen je Bürger 25 €. Schramberg hat dafür also ca. ½ Mio. € aufzuwenden. Kinder von Arbeitslosen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, erhalten von dieser Klientelpolitik keinen Cent.

Die exorbitante Neuverschuldung des Bundes von 100 Milliarden € allein in diesem Jahr wird die Länder und Gemeinden nicht ungeschoren davonkommen lassen und sie in die Gegenfinanzierung einbeziehen. Ebenso werden die Gemeinden die Kosten der geplanten Bildungsoffensive mitzutragen haben.

Der kommunale Haushalt unterliegt zunehmend der dargestellten Fremdbestimmung durch Bund und Land. Aber auch der Kreis belastet den städtischen Haushalt zusätzlich durch die Erhöhung der Kreisumlage um 1,3 Mio. €. Die Halbierung der Gemeinderatsentschädigung bringt zwar knapp 10.000 Euro, ist damit aber weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein, zumal es Mitglieder des Gemeinderats gibt, die auf diesen Anspruch angewiesen sind.

Die pauschale Kürzung des Haushaltsansatzes bei den Personal- und Sachkosten um ca. 500.000 € entlastet den Etat ebenfalls nicht wirklich, wenn dagegen Belastungen durch den Bund in gleicher Höhe anfallen.

Dank der in guten Vorjahren gebildeten Rücklagen ist durch Rücklagenentnahme in Höhe von 7,1 Mio. € und einer eingeplanten Kreditaufnahme von 5,9 Mio. € ein Haushaltsausgleich 2010 möglich. Mit dazu beigetragen hat auch die Erhöhung der Grundsteuer B ebenso die Kürzungen, Streckungen und Verschiebungen von Investitionen.

Dabei wissen wir, dass pauschale Kürzungen bei den Personal- und Sachkosten immer auch Belastungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung darstellen. Sie solidarisch mitzutragen, spricht für die Verwaltung.

Ihnen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möchten wir deshalb für ihren Sparbeitrag unseren Dank aussprechen. Gleichwohl wissen wir, dass der vorgelegte Haushalt 2010 ein Etat des Übergangs ist. Wir wollen uns deshalb auf eine summarische Betrachtung beschränken. In den nächsten Jahren können wir nicht mehr auf Rücklagen gleicher Größenordnung wie in diesem Jahr zurückgreifen. Sie stehen nicht zur Verfügung und vergleichbare Gewerbesteuereinnahmen wie in den vergangenen Jahren, sind derzeit nicht zu erwarten. Deshalb sind weitere Einsparungen aus unserer Sicht unumgänglich. Pauschale Kürzungen werden dabei nicht weiterhelfen, auch wenn sie zunächst als gerechte Lösung erscheinen. Viel stärker als bisher müssen wir uns darüber verständigen, was gerade unter massivem Sparzwang Priorität behalten soll. Um ein Beispiel zu nennen: Wir sehen in der frühkindlichen Förderung, der Bildung, der Betreuung von Kindern, die unter der noch immer zunehmenden Armutsproblematik zu leiden haben, eine höhere Priorität als in der Werbung mit Hochglanzprospekten. Meine SPD-Buntspecht-Fraktionsgemeinschaft ist bereit, unter diesem Gesichtspunkt strukturelle Veränderungen aktiv mitzugestalten und die notwendigen Kosteneinsparungen mitzutragen.

Wir sehen wie Sie, Herr Oberbürgermeister, die Notwendigkeit, die interkommunale Zusammenarbeit auf allen Ebenen zu verstärken und vorhandenen Doppelstrukturen soweit als möglich abzubauen. Auch sind wir bereit, die in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Investitionen erneut auf den Prüfstand der Priorität und Kosteneinsparung zu stellen.

Nach Max Weber sind vornehmlich drei Qualitäten für den Politiker entscheidend: „Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und Augenmaß.“ Meine Fraktionsgemeinschaft will sich an diesen Kriterien messen lassen. Leidenschaft versteht Max Weber als Hingabe bzw. als Einsatz für eine Sache.

Lassen Sie mich unter diesen drei Aspekten Beispielen aufgreifen, die unsere Haltung verdeutlichen, auch wenn diese nur mittelbar haushaltsrelevant sind.

Wir halten die Einführung der Werkrealschule neuen Typs für eine grundsätzlich falsche Weichenstellung. Die Werkrealschule ändert nichts am Druck, dem Kinder der Grundschule ausgesetzt sind, um möglichst aufs Gymnasium oder die Realschule zu wechseln. Sie ändert nichts am Stigma der Hauptschule als Restschule. Sie ändert nichts an den Schwierigkeiten, mit einem Hauptschulabschluss einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Der dramatische Rückgang der Schülerzahlen an Hauptschulen kommt einer Abstimmung mit den Füssen gleich.

Mit Einführung der Werkrealschule neuen Typs werden die kleinen leistungsfähigen Hauptschulen ausgeblutet und die Existenz der zweijährigen Berufsfachschulen erheblich gefährdet. Aus diesem Grund bedauern wir, dass die Behandlung unseres Antrages, in einem Schulversuch längeres gemeinsames Lernen zu erproben, sich in der Rückfrage beim staatlichen Schulamt erschöpfte.

Wir werden deshalb weiter mit Leidenschaft für eine bessere Schule eintreten, in der Starke und Schwache länger gemeinsam von- und miteinander lernen können. Seit Jahren stellen wir fest: Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Dies trifft vor allem Kinder armer Bevölkerungsschichten. „Sie treffen auf ein Bildungssystem, das die soziale Herkunft nicht zu überbrücken vermag. Wen wundert es, wenn Parallelgesellschaften sichtbar werden und die Integration immer weniger möglich erscheint“ (Zitat: HH-Rede 2009). Deshalb hat für uns eine bezahlbare qualifizierte Betreuung, Erziehung und Bildung in Kinderkrippen, Kindergärten und Ganztagsschulen eine zentrale Bedeutung. Sie kostenfrei anzubieten ist eine soziale Aufgabe, eine lohnende Zukunftsinvestition. Sie wäre eine wirkliche Bildungsoffensive. Sie ist von den Kommunen allein nicht zu bewältigen, schon gar nicht in der jetzigen Haushaltslage und dennoch werden wir dieses Ziel im Blickfeld behalten.

Wer heute Klassenfahrten oder Schullandheimaufenthalte durchführt, trifft immer häufiger auf Kinder die nicht teilnehmen können, weil das notwendige Geld nicht vorhanden ist. Wir sehen uns in der Verantwortung, allen Kindern die gleiche Teilhabe zu ermöglichen. Deshalb setzen wir uns weiter für die Einführung eines Familienpasses ein. Entsprechende Ausführungen haben wir bereits früher gemacht, so dass wir die Initiative der Turnerschaft und des Turnvereins Sulgen besonders hervorheben wollen. Wir begrüßen, dass Kindern, deren Eltern ein geringes Einkommen beziehen, eine kostenlose Mitgliedschaft angeboten wird.

Wir würden es begrüßen, wenn eine Bescheinigung, die wir als Familienpass verstehen, auch für den kostenfreien Zugang ins Freibad oder Hallenbad, Schullandheimaufenthalt, Schüleraustausch, Mittagessen in Mensa oder in der Ganztagsschule, Besuch der Musik- und Kunstschule, Vereinsmitgliedschaften, für das Ferienprogramm und Veranstaltungen des JUKS, usw. berechtigen würde.

Dank der Zuschüsse aus dem EU-LEADER-Programm wird das in die Jahre gekommene Tiergehege mit einem Aufwand von über einer Mio. € saniert und in ein zukunftsfähiges Freizeitgelände mit Abenteuerspielplatz umgestaltet. Bei der derzeitigen Haushaltslage würde eine Investition in dieser Größenordnung ohne diese Zuschüsse nicht zu verwirklichen sein. So entsteht für die Naherholung und das Freizeitangebot der Region ein Vorzeigeprojekt, das wir gerne unterstützen.

Den hierzu notwendigen Bebauungsplan bringen wir heute mit dem Aufstellungsbeschluss auf den Weg, nachdem vom Ortschaftsrat und AUT zustimmende Voten vorliegen. Bis zum endgültigen Beschluss des B-Plans werden die üblichen Anhörungen und umfangreiche Untersuchungen durchgeführt, u.a. über den Natur- und Artenschutz.

Wie wichtig dies ist, hat vor wenigen Tagen auch Bundeskanzlerin Merkel unterstrichen, indem sie ausführte: „Das Artensterben ist beängstigend. Wir brauchen dringend eine Trendwende, jetzt unmittelbar, nicht irgendwann“. Der derzeitige Bundesumweltminister Röttgen mahnte auf derselben Veranstaltung: „In Deutschland sind ein Drittel der heimischen Tier- und ein Viertel der Pflanzenarten bestandsgefährdet“. Naturschutz ist kein Luxusthema, sonders es geht um unsere Existenz.“ Ein Landesprogramm „Biologische Vielfalt“ soll folgen.

Monokulturen, wie z.B. der überhandnehmende Maisanbau, tragen zum Artensterben bei. Es ist deshalb aus unserer Sicht beschämend, wenn das Landwirtschaftsamt als Antwort auf unseren Antrag den unstrittigen Eingriff in die Tier- und Pflanzenarten als „grundsätzlich nicht umweltschädlich“ bezeichnet. Wir wollen, dass die „Ehrfurcht vor dem Leben“, wie sie Albert Schweitzer in seiner Ethik formuliert hat, ernst genommen und wieder zur Richtschur des Denkens und Handelns wird.

Unter dem Aspekt „Augenmaß“ sehen wir unsere Unterstützung für den Kunstrasenplatz Tennenbronn. Der desolate Zustand des Hartplatzes auf dem Schächle ist unbestritten. Die Sanierung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, um dadurch den Haushalt zu entlasten, kam für uns aus zwei Gründen nicht in Frage: Bei einer Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt wäre die Finanzierung aus heutiger Sicht nicht einfacher geworden. Was wir vor der Kommunalwahl zugesagt haben, wollten wir auch nach der Wahl
halten. Dass dies von den anderen Fraktionen ebenso gesehen wurde, unterstreicht unser gemeinsames Handeln auch in schwierigen Zeiten.

Leidenschaft, Verantwortlichkeit und Augenmaß erwarten wir von denen, die den Bieterwettbewerb zur Krankenhausversorgung zu bewerten und zu entscheiden haben. Wir erwarten, dass der Einzugsbereich Schramberg bei der Krankenversorgung nicht schlechter gestellt wird als der von Rottweil und Oberndorf. Wir erwarten, dass die Leistungsfähigkeit und hohe Anerkennung der medizinischen und pflegerischen Versorgung im Kreiskrankenhaus Schramberg in die Beurteilung stärker einfließt, als dies bisher der Fall war. Dem Ergebnis des Bieterwettbewerbs sehen wir mit großer Erwartung entgegen.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrte Damen und Herren,

Der Haushalt 2010 ist unter schwierigen Bedingungen entstanden. Er ist ein Haushalt des Übergangs. Dem neuen Team aus Herrn Moser und Herrn Huber hätten wir einen einfacheren Start gewünscht. Sie haben ihre Feuerprobe bestanden. Ihnen gilt deshalb unser besonderer Dank.

Für die gute Zusammenarbeit danken wir Ihnen, Herr Oberbürgermeister, den Fachbereichsleitern, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Verwaltung, Stadtwerken und Eigenbetrieben. Gleichermaßen danken wir allen, die im vergangenen Jahr sich für das Wohl unserer Stadt ehrenamtlich eingesetzt und mit uns gut zusammen gearbeitet haben. Für das aufmerksame Zuhören danke ich Ihnen und kann abschließend feststellen: Die SPD-Buntspecht-Fraktionsgemeinschaft stimmt dem Haushalt 2010 zu.

 
 

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