Fraktionsgemeinschaft stimmt dem Haushalt zu

Veröffentlicht am 24.01.2014 in Fraktion
 

Hans Jörg Fahrner.

Schramberg. Die Fraktionsgemeinschaft SPD/Buntspecht hat am Donnerstag, 23. Januar, dem Haushalt 2014 der Stadt Schramberg zugestimmt. Hier die Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden Hans Jörg Fahrner im Originaltext:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

für den Haushalt verwenden wir oft synonym den französischen Begriff <état>. Dieser spiegelt neben dem Zahlenwerk von Ausgaben und Einnahmen auch den aktuellen Zustand einer Gemeinde wider.

Wie also ist unsere Befindlichkeit? Liegt dem vorliegenden Zahlenwerk eine Planung zugrunde, die Schramberg voranbringt? Trägt der Haushalt 2014 den Anforderungen unserer Stadt und ihrer Menschen Rechnung? Wie sozial und gerecht sind die Maßnahmen, mit denen wir unsere Stadt gestalten? Wie fällt dabei der Vergleich mit unseren benachbarten Gemeinden aus? Welche Gefahren und Risiken sehen wir für die zukünftige Entwicklung? Wir stellen diese Fragen bewusst an den Anfang unserer Betrachtungen, gerade weil wir wieder einen Rekordhaushalt mit einem Volumen von 71 Mio. € und einem Investitionsanteil von rd. 16 Mio. € vor uns haben.

Wir sind uns im Klaren, dass die Menschen unserer Stadt je nach Alter und sozialer Lage, weitere Fragen für wichtig erachten würden. Die unstrittig positive wirtschaftliche Entwicklung, die dem Haushalt 2014 zugrunde liegt, verdanken wir der Innovationskraft und Prosperität unserer Betriebe und ihren leistungsfähigen Belegschaften. Die außerordentlichen Gewerbesteuereinnahmen von rd. 30 Mio. € im Vorjahr und die im neuen Haushalt veranschlagten 18,6 Mio. € spiegeln diese erfreuliche Entwicklung wider.

Dabei wollen wir nicht vergessen, wie verheerend sich die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise vor vier Jahren auf unsere Stadt ausgewirkt hat. Die Euro- Schuldenkrise ist keineswegs überwunden.

Derzeit wird für die deutsche Wirtschaft ein stabiles Wachstum prognostiziert, was für den städtischen Haushalt Planungssicherheit signalisiert. Auf den maßgebenden asiatischen Märkten rechnet man dagegen mit einem starken Rückgang des Wirtschaftswachstums.

Wurde der diesjährige Haushalt also mit der notwendige Vorsicht aufgestellt? Aus heutiger Sicht können wir dies sowohl für die veranschlagten Einnahmen und Ausgaben, als auch für die mittelfristige Finanzplanung bejahen.

Bei unserer anschließenden Würdigung des Zahlenwerks wollen wir uns auf drei
Schwerpunkte konzentrieren, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden. Danach
greifen wir die anfangs aufgeworfenen Fragen auf.

1. Ausführungen zum vorliegenden Haushalt

Die Systematik des Finanzausgleichs bringt es mit sich, dass 2014 vom Verwaltungshaushalt nur 0,80 Mio. € an den Vermögenshaushalt zugeführt werden können und Rücklagen aus 2013 in Höhe von 22 Mio. € nahezu vollständig entnommen werden müssen, um den Haushalt auszugleichen und die geplanten Investitionen der beiden nächsten Jahre zu finanzieren. Darunter fallen u. a. Maßnahmen, die schon lange auf ihre Verwirklichung warten mussten, wie der Neubau des Hallenbades und des Feuerwehrgerätehauses Sulgen, die Sanierung der Schulhöfe und Schulgebäude, der Ausbau der Landesstraßen L108/175 und L145, die Verbesserung der Breitbandkabelstruktur, der barrierefreie Zugang zum Schloss, die Modernisierung des Schlössles und die notwendigen Reparaturen im Talstadtfriedhof und die Parkierung bzw. der verbesserte Zugang zum Friedhof Hintersulgen. Das Stadion Sulgen kann 2014 geplant und 2015 fertiggestellt werden. Der Erlebnisbauernhof in Waldmössingen soll ebenfalls 2014 verwirklicht werden. Für den Neubau einer Sport- und Festhalle in Tennenbronn sind ab 2015 entsprechende Mittel vorgesehen.

Der in der Vergangenheit mit großem Nachdruck verfolgte Ausbau der Kindertagesstätten
wird auch in diesem Jahr fortgesetzt. Besonders freuen wir uns darüber, dass wir am Montag das Richtfest der Kita Lienberg feiern konnten. Bereits vor zehn Jahren haben wir auf eine solche Einrichtung gedrängt, die nun Dank der Kooperation und finanziellen Unterstützung
von Kern-Liebers in der Trägerschaft der Stadt entsteht. Die Nähe zum Arbeitsplatz der Eltern ist nicht nur kinder- und familienfreundlich, sie ist auch ein Standortvorteil für die Gewinnung von qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Die Personalaufstockung für Erziehung und Bildung und auch innerhalb der Verwaltung ist aus unserer Sicht maßvoll und notwendig. Durch die kürzlich verabschiedeten Vereinsrichtlinien erhalten viele Vereine höhere Zuschüsse. Kein Verein wurde schlechter gestellt. Wir wollen damit die Bedeutung der Vereine innerhalb unseres Gemeinwesens hervorheben und die ehrenamtlich geleistete Arbeit würdigen.

Wir sind uns bewusst, dass JUKS3, Sportvereine, soziale und kulturelle Einrichtungen,
Eine-Welt-, Jugend- und Seniorenforum, Kirchen und Verbände auf das ehrenamtliche Engagement angewiesen sind. Deshalb wollen wir allen ehrenamtlich Engagierten in unserer Stadt an dieser Stelle große Anerkennung und unseren herzlichen Dank aussprechen.

Nach Max Weber bedeutet „Politik ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“. Wir würden uns vielfach wünschen, dass der Weg bis zur Umsetzung etwas verkürzt werden könnte.

Wir fragen uns, ob wir bei der Gestaltung unserer Stadt die richtigen Wege beschreiten und im Vergleich mit unseren Nachbarstädten nicht zurückfallen? Dies gilt für die medizinische Versorgung ebenso, wie für die Weiterentwicklung unseres Schulstandorts. Die SPD-Buntspecht-Fraktionsgemeinschaft will darüber hinaus Impulse für die Entwicklung unserer Stadt geben.

2. Gestalten wir unsere Stadt zeitgemäß, sozial und gerecht

Die medizinische Versorgung der Bevölkerung und die drohende bzw. bereits bestehende Unterversorgung ist auch aus unserer Sicht ein vordringliches Problem. In unserer letzten Haushaltsrede haben wir hierzu bereits Stellung bezogen.

Die in Sulgen bestehende allgemein-medizinische Unterversorgung wird offenbar verkannt. Die Überlegungen zu einer Regiepraxis im Zusammenwirken von KV und bestehenden Praxen der Umlandgemeinden ruhen anscheinend ebenso, wie der Vorschlag eines MVZ in Zusammenarbeit mit einem Krankenhausträger.

In der Talstadt wird ein gravierender Ärztemangel in wenigen Jahren ebenfalls eintreten, wenn nicht bereits jetzt die Grundlage für ein Gesamtkonzept aus allgemeinmedizinischen Praxen und der Ansiedelung bzw. Nachfolgeregelung von Fachärzten geschaffen wird. Nach dem Wegfall der stationären Versorgung wird es ohne Unterstützung bzw. investiven Vorleistungen der Stadt wohl kaum gelingen, u.a. in den Bereichen Kindermedizin, Gynäkologie, Gastroenterologie, Koloskopie, Proktologie, Kardiologie und HNO eine leistungsfähige ambulante Versorgung zu erhalten bzw. aufzubauen. Will man in diesen Bereichen Fachärzte gewinnen, müssen die medizintechnischen Voraussetzungen für ambulante Eingriffe in entsprechend vorhandenen OP-Räumen vor Ort geschaffen, die nachsorgende Pflege gesichert und die Verbindung zu den Uni-Kliniken aufgebaut
werden.

Wir schlagen deshalb vor, die zu erwartenden Erlöse aus dem Verkauf des Krankenhauses zum Aufbau einer leistungsfähigen medizinischen Versorgung zu verwenden. An der Entwicklung der Konzeption und an den Beratungen sind die Fraktionen angemessen zu beteiligen.

Die Schullandschaft verändert sich. Die Forderungen nach Ganztagsschulen, die nicht nach der Grundschule enden und nach Gemeinschaftsschulen mit unterschiedlichen Profilen treten zueinander in Konkurrenz. Wir fordern deshalb eine Regionale Schulentwicklung, die den Einzugsbereich der Schramberger Schulen betrifft. Hierzu zählen u.a. Aichhalden, Fluorn-Winzeln, Rötenberg, Dunningen, Hardt, Eschbronn, Waldmössingen, Tennenbronn und Lauterbach. Unser Ziel ist es, die Grund- und Werkrealschule Sulgen in eine Gemeinschaftschule mit dem Profil Berufliche Bildung in Kooperation mit dem benachbarten Beruflichen Gymnasium umzuwandeln, in der alle schulischen Abschlüsse angeboten werden können. Auf einem Campus können neben der attraktiven Schulform mit ihrem zeitgemäßen pädagogischen Konzept, eine gemeinsam genutzte Mensa, ein neues Hallenbad und moderne Sportstätten angeboten werden. Der Einrichtung einer regionalen Werkrealschule räumen wir keine zukunftsfähigen Chancen ein.

Provisorien halten oft lange. Dies gilt insbesondere für Freiflächen, die durch Abriss von Gebäuden entstanden sind und in Schramberg traditionell als Parkplätze genutzt werden. Neben anderen Plätzen zählen der Schweizer- und Berneckparkplatz zu dieser Kategorie. In Nachbarstädten wurden solche Flächen längst als Chance für eine zeitgemäße Stadtentwicklung erkannt.

Die Parkplätze wurden platzsparend in Parkdecks konzentriert und die frei werdenden Flächen für ein attraktives Stadtentwicklungskonzept genutzt. In der Talstadt könnte so für den Gemeinbedarf z.B. für eine Stadt- oder Sporthalle, für Handel, Gewerbe und Dienstleistung Platz geschaffen werden. Mit dem Areal der Stadterneuerung-West entstünde so eine vielseitig nutzbare Entwicklungschance.

Dagegen ist die Ausweisung eines Sondergebiets für Fertigung und Handel inmitten eines reinen Wohngebiets, das auf der Planie eingerichtet werden soll, aus unserer Sicht weder notwendig noch geboten.

Unsere Fraktionsgemeinschaft setzt sich grundsätzlich für weniger Flächenverbrauch
ein.

Die geplante Binnenentwicklung in Waldmössingen oder die Ausweisung eines Wohngebiets in Tennenbronn stoßen bei den Betroffenen auf Unverständnis und führen zu Verärgerung. Konflikte dieser Art lassen sich minimieren, wenn die Bürger frühzeitig an der beabsichtigten Planung beteiligt und gemeinsam Realisierungsmöglichkeiten entwickelt werden. Die im formalen Bebauungsplanverfahren vorgesehene Bürgeranhörung trifft sonst bereits auf den angestauten Ärger.

Blockierungen von grundsätzlich sinnvollen Vorhaben ließen sich durch die frühzeitige Einbeziehung der Betroffenen verringern.

Auch für die regenerativen Energien würden wir uns ein offensiveres Vorgehen der Stadt wünschen. Wir brauchen auch hier eine Kultur des Miteinanders, die sich nicht allein auf die gesetzlichen Vorgaben beschränkt.

Die von der Landesregierung vorgelegte Priorisierung für den Neu- und Ausbau von Bundes-und Landesstraßen zeigt die seit Jahrzehnten bestehende enorme Diskrepanz zwischen der Mittelzuweisung von 230 Mio. € pro Jahr durch den Bund und dem angemeldeten Finanzbedarf von 11 Mrd. €. Vorhaben, für die keine fertige Planung vorliegt, wie für die Talstadtumfahrung, haben nur geringe Chancen, in absehbarer Zeit verwirklicht zu werden.

Aus diesem Grund haben wir die Vorfinanzierung der Umplanung eingefordert, um die Chancen zu erhöhen, 2015 wieder in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen zu werden. Trotz der von allen Seiten bestätigten Dringlichkeit der Talstadtumfahrung müssen wir uns darauf einstellen, dass deren Verwirklichung noch sehr lange dauern kann.

Die leer stehenden Wohnungen der Oberndorfer Straße zeigen, dass wir nicht weiter untätig abwarten dürfen. Wir müssen mithelfen, die Wohnqualität zu verbessern. Wir fordern deshalb, die bisher nur zur Hälfte abgerufenen Mittel der kinder- und familienfreundlichen Strukturförderung für den Erhalt der Urbanität und die Verbesserung der Wohnqualität in der Oberndorfer Straße einzusetzen.

Die Foren der Jugend- und Seniorenbeteiligung haben gezeigt, dass die Zusammenarbeit über die Altersgrenzen hinweg gut funktionieren kann. Die Wünsche und Forderungen, die nun auf dem Tisch liegen, sind realistisch und greifen Alltagsprobleme auf, wie beispielsweise der Schulen oder des ÖPNVs.

Der Antrag unserer Fraktionsgemeinschaft zur Verbesserung des ÖPNVs deckt sich mit den Anliegen des Seniorenforums. Auf die morgen stattfindende konstituierende Sitzung der Arbeitsgruppe ÖPNV sind wir schon sehr gespannt. Die Forderung ein generationsübergreifendes Bürgerhaus zu schaffen, wird von uns unterstützt. Der Wunsch ist nicht neu. Gerade deshalb sollten wir alles tun, die Verwirklichung zügig voran zu bringen.

Mit unserem Antrag zur Verbesserung und Belebung der Innenstadt konkretisieren wir unsere Überlegungen zur Bespielbaren Stadt. Wir freuen uns, dass die erforderlichen Planungskosten im Haushalt vorgesehen sind und in diesem Jahr auch im Kurpark in Tennenbronn entsprechende Spielstationen realisiert werden sollen.

Bei allen Überlegungen, Wünschen und Forderungen sind wir uns bewusst, dass die gemeinsame Verantwortung für unsere Stadt und ihre Menschen größer ist. Diese wird in unterschiedlicher Weise wahrgenommen. Die jahrelange Debatte zum Familienpass wollen wir an dieser Stelle nicht neu eröffnen. Auch wenn die Einführung letztlich nicht gelungen ist, ist vieles erreicht worden. Sehr viele Ermäßigungen, Vergünstigungen, die über das Bildungs- und Teilhabepaket hinausgehen, werden inzwischen Kindern und Familien gewährt. Teilhabe ist trotz Armut möglich, z.B. durch das Angebot der kostenfreien Mitgliedschaft in der SG, der unbürokratischen Regelungen zum Besuch der Musikschule, der stark reduzierten Eintrittspreise bei Theaterveranstaltungen, der kostengünstigen Gebühren in der Mediathek und durch die individuellen Hilfen des Schramberger Kinderfonds.

Was nicht gelungen ist, ist der diskriminierungsfreie Zugang zu diesen Leistungen. Aber auch hier muss noch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Vielleicht gelingt uns dies gemeinsam. Armut ist jedoch weiterhin sichtbar in unserer Stadt. Die Schlange vor dem Tafelladen nimmt nicht ab. Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern machen fünfmal seltener Abitur als
Kinder höher gebildeter Eltern.

Bundespräsident Gauck hat vor wenigen Tagen zum 60-jährigen Bestehen des Walter Eucken-Instituts in Freiburg folgendes gesagt: „Ich stelle mir eine aktivierende Sozialpolitik vor wie ein Sprungtuch, das Stürze abfedert, das denjenigen, die es brauchen, dazu verhilft, wieder aufzustehen und für sich selbst einzustehen.“ (Zitatende)

Unsere gemeinsame Verantwortung dabei ist, für Chancengerechtigkeit zu sorgen.


3. Dank und Anerkennung zum Schluss

Fürdie gute Zusammenarbeit danken wir Ihnen, Herr Oberbürgermeister, den Fachbereichsleitern, dem Kämmerer, Herrn Huber, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Verwaltung, Stadtwerken und Eigenbetrieben. Gleichermaßen danken wir allen Haupt- und Ehrenamtlichen, die sich im vergangenen Jahr für das Wohl unserer Stadt eingesetzt und mit uns gut zusammen gearbeitet haben.

Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, gilt unser Dank für die vertrauensvolle Zusammenarbeit in der zu Ende gehenden Wahlperiode.

Abschließend kann ich feststellen: Die SPD-Buntspecht-Fraktionsgemeinschaft stimmt dem Haushalt 2014 zu.

…und nun danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 
 

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