Die Mitglieder sagen Ja

Veröffentlicht am 24.12.2013 in Ortsverein
 

Von Michael Porzelt

Schramberg. Am Ende war es dann doch eine klare Sache: Von den fast 475.000 Parteimitgliedern nahmen 369.680 an der Mitgliederbefragung zum Koalitionsvertrag teil, eine tolle Quote. Und auf fast 76 % der gültigen Stimmzettel war das Ja angekreuzt. Dem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel und seinen 34 Mitstreitern bei den Verhandlungen dürfte eine ganze Steinlawine von den Herzen gerollt sein, denn ein Nein hätte sie alle demontiert.

Auch wenn die Befragung sich bei den Koalitionsverhandlungen „ein echtes Pfund“ erwies, war die Parteispitze ein großes Risiko eingegangen, vor allem, weil schon vor der ersten Verhandlungsrunde die meisten Äußerungen aus der viel beschworenen Basis klar gegen eine Koalition mit der Union sprachen. Vier Jahre hatte man schlechte Erfahrungen mit einer großen Koalition gemacht, jetzt wollte man kein „Steigbügelhalter für Merkel“ mehr sein. Außerdem war man - meines Erachtens mit Recht - sauer über die „Ausschließeritis“, die Verhandlungen mit der Linkspartei von vornherein unmöglich gemacht hatte. Aber wenn man ehrlich ist: Das waren nicht unbedingt die Mitglieder sondern ein Teil der besonders Aktiven – und damit auch besonders Kritischen und meist auch eher links Orientierten – in unserer Partei.

Im Lauf der Zeit drehte sich auch die Stimmung bei ihnen. Bei der Kreismitgliederversammlung in Deißlingen mit Peter Friedrich, Landesminister und Mitglied er Verhandlungskommission, outeten sich einig dahingehend, dass sie „nun doch zustimmen“ würden. Lag es an den kompetenten Ausführungen Friedrichs oder an der Erkenntnis, dass die SPD einiges für die Menschen herausgeholt hatte? Oder hatte sich doch die Einsicht durchgesetzt, dass eine Ablehnung nicht nur „die da oben“ sondern die ganze Partei kräftig nach unten ziehen würde?

Natürlich gab es auch berechtigte Kritik Dass der Mindestlohn erst so spät eingeführt würde, stieß sauer auf, ebenso die Beitragsfinanzierung der Mütterrente, die im übrigen eher positiv gesehen wurde, und eine Reihe anderer Punkte. Als „den großen Wurf“ kann man den Vertrag auch nicht sehen. Er ist halt ein klassischer Kompromiss, der vieles offen lässt. Es ist bezeichnend, dass fast gleichzeitig der JUSO-Bundeskongress und der Wirtschaftsflügel der CDU Front gegen eine große Koalition machten. Nun kommt es darauf an, in der praktischen Ausgestaltung der Regierungsarbeit möglichst viele SPD-Inhalte durchzusetzen. Wer das als Minister oder Staatssekretär machen darf, wissen wir inzwischen, bei den Mitgliederversammlungen war es (leider?) noch nicht zu erfahren.

Nur eine Randnotiz der Geschichte bleiben vereinzelte „verfassungsrechtliche Bedenken“ gegen das Mitgliedervotum. Das „Lassen wir den Quatsch!“ von Sigmar Gabriel gegenüber Frau Slomka war verständlich, schließlich hat unsere Partei in Sachen innerparteiliche Demokratie Maßstäbe gesetzt. Jetzt muss die überstarke Regierungskoalition dafür sorgen, dass den Oppositionsfraktionen genügend parlamentarischer Spielraum zur Verfügung steht. Im Koalitionsvertrag hat sie das jedenfalls versprochen.

 
 

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