Zinell: „Krise wird uns noch lange beschäftigen“

Veröffentlicht am 10.11.2015 in Ortsverein
 

Dr. Herbert O. Zinell.

Schramberg (gn). Auf Einladung der Schramberger SPD hielt Herbert Zinell, Ministerialdirektor im Innenministerium des Landes Baden-Württemberg, im Rahmen der ökumenischen Friedensdekade, einen Vortrag über die Flüchtlingskrise. Er gab einen Überblick über die aktuelle Situation und erläuterte die Politik der Landesregierung.

Mirko Witkowski, Vorsitzender des SPD Ortsvereins Schramberg, freute sich, dass über 150 Personden zu der Veranstaltunge gekommen waren. „Uns allen geht es vergleichsweise gut, Menschen, die bei uns Schutz suchen, nehmen niemandem etwas weg“, sagte er in seiner Begrüßungsrede.

„Das Thema wird uns bis weit über 2015 hinaus beschäftigen“, begann Herbert Zinell mit seinen Ausführungen. 50 Millionen Menschen seien weltweit auf der Flucht, davon sind 11 Millionen aus Syrien, die halbe Bevölkerung dieses Landes. Die Flüchtlinge kämen über das Mittelmeer, zunehmend aber auch über die Balkanroute. Die Dramen, die sich dort abspielten, seien aus den Medien bekannt. Deutschland sei in Europa das Hauptaufnahmeland. Sechs- bis Achttausend Asylbewerber kämen wöchentlich nach Baden-Württemberg. Diese würden von den Landeserstaufnahmestellen verteilt auf Landkreise und Gemeinden. Die steigende Zahl von Flüchtlingen führe aber dazu, dass immer mehr in Notunterkünften untergebracht werden müssten.

Die große Masse an Flüchtlingen sei eine große Herausforderung, Prognosen würden laufend von der Realität überholt. Bewährte Strukturen stießen an ihre Grenzen und die Verfahren zur Anerkennung der Asylanträge dauerten zu lange. Bei allem Verständnis für die Situation der Flüchtlinge sollten Asylbewerber ohne Bleibeperspektive nicht mehr auf die Kommunen verteilt werden. Die Landesregierung verfolge dabei eine humanitäre Abschiebepraxis. Freiwillige Rückkehr werde gefördert. Humanitäre und persönliche Gründe, könnten ein Abschiebehindernis sein.

Das Land Baden-Württemberg habe schon viel getan, erklärte Zinell. Um 365 Millionen Euro seien die Finanzen aufgestockt worden. Ein großes Problem sei inzwischen aber nicht mehr das fehlende Geld, sondern dass es manche Dinge einfach nicht mehr gibt. Der Markt für Wohncontainer und Betten sei weitestgehend erschöpft. Es werde auch immer schwieriger Personal zu finden.

Der Landesregierung sei sehr daran gelegen, dass die Flüchtlinge über Sonderprogramme schnell in die Arbeitswelt integriert werden könnten. Dazu gehörten Sprachprüfungen und schulische Qualifikation.

Um mehr Aufnahmeplätz zu schaffen, wurden sämtliche leerstehende Kasernen belegt. Eine Dauerlösung sei das aber nicht. Über Wohnraumförderprogramme und Erleichterungen im Baurecht, solle dem Wohnungsbedarf von Flüchtlingen begegnet und die Wohnungsversorgung für die Gesamtbevölkerung insgesamt verbessert werden. Herbert Zinell kritisierte, dass es keine europäische Lösung gäbe. Ungarn zum Beispiel stehle sich aus seiner Verantwortung. „Wir brauchen mehr Europa und mehr Union“, forderte er. International müssten viel größere Anstrengungen unternommen werden, um die Fluchtursachen zu bekämpfen. Man könne mit hundert Euro in den Herkunftsländern mehr erreichen, als mit hundert Euro in Deutschland. Die Weltgemeinschaft könnte viel mehr tun. Als glühender Europäer sei er enttäuscht, man könne aber die anderen Länder nicht zwingen.

Ebenfalls erforderlich sei es den Kampf gegen Schlepper und Menschenhändler zu intensivieren.

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie groß die Solidarität der Menschen in Schramberg und Umgebung mit den Flüchtlingen ist. Viele derer, die sich zu Wort meldeten berichteten von ihrem ehrenamtlichen Engagement, aber auch von bürokratischen Hürden, die nicht immer verständlich seien.

Michael Porzelt beschrieb das Absurde an der Situation. „In Deutschland gibt es Geld, aber kein Personal und keine Hardware, in Syrien sind die Sachen und die Menschen da, aber keiner kann sie bezahlen. Es sei ein Skandal, dass so wenig für die Flüchtlingshilfe vor Ort ausgegeben werde.

Sehr erfreulich war, dass die SPD am Ende der Veranstaltung 850 €, die während der Veranstaltung als Spenden gesammelt wurden, an das „Netzwerk Willkommen“ überreichen konnte.

 
 

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