Würdevoll Abschied nehmen

Veröffentlicht am 22.01.2015 in Fraktion
 

Fraktionsvorsitzender Hans Jörg Fahrner.

Schramberg. Ein Humankrematorium in unmittelbaerer Nachbarschaft zu einem Tierkrematorium und Industriebetrieben lehnt die Fraktionsgemeinschaft SPD/Buntspecht im Schramberger Gemeinderat ab. In einer Erklärung hat Hans Jörg die Position der Fraktion eräutert.

Die Vorlage 9/2015 der Verwaltung weicht von den bisherigen Beschlüssen zur 9. punktuellen Änderung des Flächennutzungsplans vom 3.7.2014 und dem Gemeinsamen Ausschuss bewusst ab.

Darin wird unter 4.2.1 beschlossen, im Gewann Hirtenwald eine Sondergebietsfläche für ein „Human- und Tierkrematorium“ auszuweisen. Die jetzt mehrfach gewählte Bezeichnung „Sondergebiet Krematorien –Hirtenwald“ verschleiert den baurechtlichen und kulturell-ethischen Konflikt wohl ganz bewusst, der in der unmittelbaren Nähe von Human- und Tierkrematorium zu sehen ist.

Die Bedenken haben wir auch in unserem Antrag formuliert und sie mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) begründet.

In dem von der Stadt in Auftrag gegebenen Gutachten (GA) folgt die beauftragte Kanzlei in allen Punkten unserer Begründung. Allerdings werden die aus dem Urteil des BVerwG zu ziehenden Schlüsse nur in Teilen für die Bewertung bzw. Empfehlung herangezogen.  

Dass das Trennungsgebot von Industrie- und Gewerbegebiet und einem Humankrematorium, das nach der BauNVO eine Anlage für kulturelle Zwecke darstellt, ist offensichtlich und hätte keines juristischen Gutachtens bedurft, zumal wir ja einen Juristen an der Verwaltungsspitze haben.

Dass im Rahmen des Ermessens, durch entsprechende Abstände, dieser Konflikt zwischen Industrie und Gewerbe einerseits und einem Krematorium anderseits entschärft werden kann, ist auch uns klar.

Der vom Gutachter gewählte Abstand basiert auf einer nicht mehr gültigen Verordnung, die den Abstand zu Friedhöfen regelt. Ob dieser zwischen einem Humankrematorium und einem Industriegebiet ausreicht, ist rechtlich nicht gesichert.

Für die bisher ausgewiesenen Industrieflächen und die angrenzende Industrie sowie für ansiedlungswillige Betriebe bedeuten die Vorgaben des Gutachters Auflagen und Einschränkungen.

Für die Stadt bedeuten sie eine Verminderung der noch zur Verfügung stehenden Industrieflächen und damit einen finanziellen Verlust. Dafür, -und für die Kosten der in der Vorlage beschriebenen Auflagen- kann ja wohl nicht die Allgemeinheit über den kommunalen Haushalt herangezogen werden.

Warum sich die Verwaltung dieser Interessenslage beugt, ist wohl ihr Geheimnis. Durch das Abstandsgebot ist eine Verschiebung der Baumaßnahme in Richtung B462 unerlässlich. Dadurch sind die Beeinträchtigungen u.a. durch die verstärkten Lärmemissionen, die ein Vielfaches des Industriegebietes ausmachen, in Sinne des BVerwG-Urteils ebenfalls relevant und rechtlich zu überprüfen. Hierzu sagt das GA wohlweislich nichts aus.

Stattdessen beantwortet das GA im ersten Spiegelstrich der Vorlage Fragen, die von niemandem in Frage gestellt wurden.

Das bestehende Tierkrematorium ist unstrittig ein Gewerbebetrieb, der nicht in baurechtlichem Gegensatz zum umliegenden Industriegebiet steht. Hierfür ebenfalls ein Sondergebiet auszuweisen, wie es in der Vorlage steht, ist abwegig.

Das von der Verwaltung beabsichtigte Vorhaben, für das Human- und Tierkrematorium ein gemeinsames Sondergebiet auszuweisen, um hier die im Urteil des BVerwG genannte Unzulässigkeit zu umgehen, greift das GA nicht, oder nur unzureichend auf.

Das von der Stadt in einem gemeinsamen Sondergebiet geplante „Human- und Tierkrematorium“ hebt den, auch vom Gutachter gesehenen Konflikt zwischen einem Tierkrematorium, das eindeutig ein Gewerbebetrieb darstellt, und einem Humankrematorium als „kulturelle Anlage für besondere Zwecke“ nicht auf.

Der Nutzungskonflikt aus dem „Nebeneinander von Human- und Tierkrematorium, wir nennen hier nur die hohen Maßstäbe, die für eine Bestattung gelten, aber auch die Gefahr der Verletzung kultureller Werte, der Gefühlslage der Bürger, sowie der Dignität und Pietät, sind ja unter V.2 im GA klar beschrieben.

Daraus leitet sich ein erweitertes Trennungsgebot zwischen den beiden Einrichtungen ab, das durch die Festsetzung eines Sondergebiets nicht aufgehoben werden kann. Hierzu sagt der Gutachter bewusst nichts aus.

Durch das auch vom Gutachter ausdrücklich aufgegriffene bauplanerische Trennungsgebot darf durch die Wahl der Ausweisung und die Zusammenfassung in einem einzigen Sondergebiet „Human- und Tierkrematorium“ nicht einfach unterlaufen werden.

Die Wahl der Ausweisung als Sondergebiet darf nach § 11 Abs. 1 BauNVO ja gerade eben nicht die Trennung der baulichen Nutzung unterlaufen, soweit dies nicht aus anderen Gründen zwingend erforderlich und gerechtfertigt ist.

Entsprechende Gründe, wie etwa der Mangel an Alternativen sind hier aber nicht erkennbar.

Das GA geht unter Punkt III/1 fälschlicherweise (oder juristisch bewusst) nur von einem Sondergebiet Humankrematorium aus und leitet davon das wenig strittige Trennungsgebot zu Industrie und Gewerbe ab.

Dadurch, dass das Tierkrematorium eindeutig dem Gewerbe zuzuordnen ist, muss u. E. auch innerhalb des Sondergebiets zwischen Tier- und Humankrematorium eine klare Trennung mit einem entsprechenden Abstand vorgegeben werden.

Dieser Anstand muss auch dem vom Gutachter gesehenen „kulturell-ethischen Nutzungskonflikt“ sowie der Dignität und Pietät Rechnung tragen. Diesen Zusammenhang übergeht der Gutachter wohl bewusst in seiner Empfehlung.

Die von den Kirchen bereits mehrfach klar zum Ausdruck gebrachten Bedenken, teilen wir ausdrücklich.

Das GA ist lückenhaft. Daher werden wir die aufgeworfenen Rechtsfragen weiter verfolgen.

 

Aufgrund der faktischen Verhältnisse lässt sich der Nutzungskonflikt nicht aufheben. Wir schlagen für ein Humankrematorium als alternativen Standort den Friedhof Hintersulgen vor.  

Die SPD-Buntspecht-Fraktionsgemeinschaft schlägt folgende Änderungen zur vorgelegten Beschlussvorlage vor:

a) Die Ausweisung eines Sondergebiets Hirtenwald für ein Human- und Tierkrematorium wird nicht weiter verfolgt.

b) Die Verwaltung wird vom Gemeinderat beauftragt, im Bereich des Friedhofs Hintersulgen für ein Humankrematorium einen entsprechenden Standort auszuweisen.

c) Die Verwaltung wird beauftragt, hierfür, falls notwendig, eine entsprechende Bebauungsplanung vorzulegen.

 

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